Ein Wort zum Abschied von Marie-Luise Conen
Nachdem ich nunmehr 14 Jahre lang die Geschicke und die Politik der DAF und dann der DGSF mitgestaltet habe, bin ich mit der Mitgliederversammlung vom 6.10.2005 von allen meinen Funktionen zurückgetreten.
Für mich ist dies ein Schritt nach reiflichen Überlegungen und Planungen. Ich habe 14 Jahre lang vieles von meiner privaten und beruflichen Zeit in diesen Verband investiert und denke, dass dies eine lange und ausreichende Zeit war. Andere Dinge in meinem Leben sind für mich insbesondere in meinem privaten Leben wichtiger geworden. Die schönen Dinge des Lebens sind nicht für unendliche Zeit zu genießen, so dass ich von einigem loslasse und anderes für mich in den Vordergrund stelle.
Ich war
1991-1993 Mitglied des Vorstandes der DAF (Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Familientherapie)
1993-2000 Vorsitzende der DAF
2000-2001 Vorsitzende des Weiterbildungsausschusses
2000-2005 Mitglied des Weiterbildungsausschusses
2000 Gründung der ersten Fachgruppe in der DGSF - „Aufsuchende Familientherapie“
2001-2005 Sprecherin der Fachgruppe „Aufsuchende Familientherapie“
Ich habe im Rückblick vieles für uns Systemiker erreicht und auch sehr viel Arbeit, Engagement, Herz und Seele in diesen Verband gesteckt. Ich denke, dass mein Engagement ganz erheblich dazu beigetragen hat, dass u.a. die Fusion von DAF und DFS möglich wurde. Ein Kollege, den ich sehr schätze, sagte auf der Berliner Fusionstagung, dass er noch nie jemanden erlebt hätte, der so viel gearbeitet hat, um seinen Job (als Vorsitzende) loszuwerden.
Es gab eine Vielzahl von Bereichen, in denen ich mich engagiert und für Veränderungen eingesetzt habe. So wurde bereits anfangs der 90iger Jahre zusammen mit Michael Wirsching eine Diskussion über Standards der Weiterbildungen begonnen, die schließlich dazu führte, dass Weiterbildungsrichtlinien entwickelt und verabschiedet wurden. Ein dringendes Anliegen war mir, eine Selbstverständnisdiskussion der damaligen DAF zu führen; diese Diskussion trug letztlich dazu bei, mit den damals bestehenden Fachverbänden DFS und SG Gespräche über eine Fusion zu suchen.
Kurt Ludewig (SG), Anni Michelmann (DFS) und ich (DAF) entwickelten zusammen mit Gunther Schiepek die Grundlagen für die dann erstellte Stellungnahme zur Systemischen Therapie als Verfahren für den „Wissenschaftlichen Beirat“. Eine sehr arbeitsintensive Zeit, ähnlich der Mitarbeit an den Vorarbeiten und Diskussionen zu der groß angelegten Multicenterstudie zur Familientherapie, die leider nicht in dem damals erhofften Umfang ihre Auswertung fand.
In der EFTA hat mein Engagement zusammen mit Kolleginnen aus England, Irland und Holland dazu beigetragen, dass wesentliche Strukturveränderungen in der Europäischen Familientherapie Assoziation schließlich umgesetzt werden konnten und zu der heutigen Kontur des Europäischen Verbandes führten. Ein sehr rechercheintensiver Artikel zur Situation der Familientherapie / systemischen Therapie in Europa erschien 2002 (Heft 2) in der Zeitschrift für systemische Therapie.
Bei zahlreichen DAF-Kongressen war ich Ansprechpartnerin des Vorstands für die regionalen Veranstalter und transferierte langjährige Erfahrung mit den DAF-Kongressen in die jeweiligen aktuellen Tagungen. Die Tagungen 1991 und 2000 in Berlin wurden durch das von mir geleitete Institut (Context) durchgeführt.
Ferner setzte ich mich aufgrund von aktuellen Vorfällen für die erste Entwicklung von Ethikrichtlinien ein, so dass ein Rahmen und schließlich auch ein Gremien für diese Belange geschaffen wurde. Die Repräsentanz des Verbandes auf den „Jugendhilfetagen“ war für mich ebenfalls ein wichtiges Anliegen.
In zahlreichen Aktivitäten war ich als Vorsitzende Repräsentantin für die Sache der systemischen Therapie und Familientherapie und habe in Kontakten mit anderen Verbänden und Behörden mich für „unsere Sache“ eingesetzt.
Die Gründung der Fachgruppe „Aufsuchende Familientherapie“ sowie die Entwicklung von Standards in der „Aufsuchenden Familientherapie“ hat mir ganz besonders am Herzen gelegen, insbesondere da sich dieser Arbeitsansatz nunmehr bundesweit immer mehr verbreitet. Wenn ich auch aus meiner Rolle als Sprecherin der Fachgruppe AFT zurückgetreten bin, so werde ich mich, was die Aufsuchende Familientherapie betrifft, weiterhin mit meinen Erfahrungen und Einschätzungen einbringen.
Manche mögen sich hin und wieder im Laufe dieser 14 Jahre gefragt haben, woher ich all die Energie und Kraft und vor allem Ausdauer hatte. Für mich ist es stets entscheidend Visionen zu haben, die mich in Bewegung setzen und in Bewegung halten, aus denen ich die Kraft und Kreativität nehme. Wenn ich diese Visionen nicht mehr habe, fehlt mir ein wichtiger Motor. Ich habe nunmehr andere Visionen für mich, zu denen nicht mehr ein ehrenamtliches Engagement für den Verband gehört. Ich werde jedoch in diesem Verband weiterhin Mitglied sein, mich in Diskussionen einbringen und mit meinen Kenntnissen und Einschätzungen einmischen.
Für mich ist der Rücktritt von allen Funktionen in der DGSF verbunden mit einer beruflichen und auch privaten veränderten Schwerpunktsetzung. Ich möchte z. B. inhaltlich neue und andere Ideen vorantreiben und mir dazu Zeit lassen, und auch meinen anderen vor allem privaten Interessen und Lieben nachgehen, worauf ich mich sehr freue. Ich möchte mich auch wieder mehr in Kontexten bewegen, in denen mein Humor und mein Lachen - vor allem mein rheinischen Humor und Berliner Kessheit - mehr Platz haben.
Dass ich all den ehrenamtlichen Aufgaben und Tätigkeiten so ausdauernd nachgegangen bin, lag auch an Ihnen, den Mitgliedern des Verbandes, die mich immer wieder ermutigt und unterstützt haben, manchmal auch nur einfach durchzuhalten, angesichts mancher Richtungskämpfe, harten Bandagen und heftigen Diskussionen. Ich möchte allen diesen Mitgliedern danken für Ihre - mir wichtige - Ermutigung und Unterstützung, von den anderen hoffe ich, dass sie mein Engagement zu schätzen wissen.
Marie-Luise Conen
Berlin im Oktober 2005